Was war vor 200 Jahren eigentlich los in Karlsruhe? Worüber haben die Menschen gesprochen, was hat sie interessiert? Welche Musik haben sie gehört, was haben sie gekocht und gegessen? Auch wenn niemand mehr lebt, der mir diese Fragen beantworten könnte, gibt es Quellen, die uns heute Aufschluss geben können: Zeitungen, Landkarten, Kochbücher, Theaterzettel und auch Noten und Handschriften. Ich begebe mich also auf eine Erkundungstour durch die Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek.
Als Musikwissenschaftlerin beginne ich meinen Streifzug in die Welt vergangener Tage mit der Frage: Welche Musik war vor zwei Jahrhunderten Stadtgespräch? Der Theaterzettel vom 31. Mai 1818 kündigt die Oper „Das unterbrochene Opferfest“ an. Diese Oper spielt in Südamerika, so findet sich auf der Besetzungsliste Huayna Capac, Inka von Peru. Wie mag diese Oper wohl geklungen haben? Ich finde bei den digitalisierten Musik-Handschriften die Bearbeitung eines Stücks aus der Oper für Klavier. Also einfach mal ausdrucken und anspielen…
Auch beim Schauspiel zeichnet sich im Jahr 1818 eine Südamerika-Tendenz ab: Dort wurde das Trauerspiel „Pizarro“ gegeben, so verkündet es der Theaterzettel vom 2. Juni 1818. Dieses Stück spielt ebenfalls in Peru – offensichtlich war das ferne Land Stadtgespräch und Projektionsfläche für die Karlsruher vor 200 Jahren.
Die digitalisierten Zeitungen geben Einblicke in politische Entwicklungen der Zeit: So berichtet die Karlsruher Zeitung vom 2. Juni 1818 ausführlich von der deutschen Bundesversammlung. Aber auch Regionales und Kurioses findet sich, wie zum Beispiel eine Notiz an alle „Naturkenner und Liebhaber“, dass die Herren Simonelli und Amizoni „mit einer Sammlung von 150 Stück lebendiger fremder vierfüßiger Thiere und ost- und westindischer Vögel“ gerade auf Durchreise in Karlsruhe sind – Schauplatz ist das Gasthaus zur Sonne. Wie das wohl ausgesehen hat: 150 exotische Tiere in einer Karlsruher Gaststätte?
Und was landete in einem typischen Karlsruher Speiselokal wie der „Sonne“ damals auf dem Teller? Einen Eindruck davon können wir aus dem Kochbuch „Die Carlsruher Köchin“ gewinnen, das 1816 veröffentlicht wurde. Dort findet sich ein Rezept für „Laubfrösche“: Dabei handelt es sich allerdings keineswegs um die kleinen Teichbewohner, sondern um mit Fleisch und altbackenem Brot gefüllte Spinatblätter. „Lege die Frösche nun auf die Platte, gieb die Sauce darüber und laß sie zur Tafel tragen“. Ja dann, guten Appetit!
Die Badische Landesbibliothek als regionale Gedächtnisinstitution bewahrt all diese Quellen als kulturelles Erbe. Dieser Schatz an Informationen über Karlsruher Leben muss einerseits geschützt und für spätere Generationen archiviert, darf aber andererseits nicht auf Nimmerwiedersehen weggeschlossen werden. Die Digitalisierung kann diesen Widerspruch lösen: Alle erhalten freien Zugriff auf die digitalisierten Medien, rund um die Uhr und von überall aus, während die Originale sicher in ihren Magazinen bleiben. In den Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek befinden sich bereits mehr als 2,8 Millionen digitalisierter Einzelseiten. So kann man einfach von zu Hause aus recherchieren, forschen oder natürlich einfach mal drauf los stöbern!
Titelbild: © Badische Landesbibliothek
Guten Tag Frau Marti-Becker, was ist denn im Rezept der Laubfrösche mit der Zutat “Gully” gemeint?